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Moskau, Silvester 2005
Die Mission war „Silvester auf dem Roten
Platz“. Das hat am Ende leider nicht ganz geklappt. Aber auch
so war Moskau eine außergewöhnliche Erfahrung, zum einen
interessant, zum anderen aber auch erschreckend. Der zeitliche Rahmen
war 28.12.2005 bis 5.1.2006, genug Zeit für einen nicht nur
oberflächlichen Eindruck.
Im Internet hatte ich gelesen, dass sich Russland
nicht besonders für Spontanreisen eignet. Das hat sich auch in
der Tat schon im Voraus bestätigt, als es darum ging, das Visum
zu beantragen. Für die private Einreise braucht man eigentlich
eine Einladung aus Russland. Aber alleine diese zu bekommen ist
offensichtlich recht schwierig und zudem eine Zumutung für den,
der die Einladung ausstellen soll. So muss man da angeblich Wohnraum
und Einkommen nachweisen, dass man den Ausländer auch gut
unterbringen kann. Das hat dann auch nicht geklappt und so habe ich
alternativ ein Touristenvisum über ein Reisebüro besorgen
lassen. Das war recht praktisch, da man sich so nicht mit dem ganzen
Papierkram und dem russischen Konsulat rumschlagen muss. Gekostet hat
es 65 €, wovon der Löwenanteil das Visum selbst gekostet
hat. Allerdings ist das so halb illegal, denn das Touristenvisum
bekommt man nur, wenn man auch eine Reise unternimmt und das
Reiseunternehmen quasi die Einladung ausstellt. Für, wie in
meinem Fall, privat Reisende, ist die Reise also nur fiktiv, und um
die dazu passende Einladung kümmert sich eine Firma in Russland.
Von der Firma hatte ich auch einen Zettel erhalten, bei welchem Hotel
ich mich fiktiv registrieren (registrieren muss sich jeder
Ausländer in Russland innerhalb von 3 Tagen nach der Einreise)
sollte. Das hat am Ende ganz schön Zeit, Nerven und noch mal
Geld gekostet, denn in diesem Hotel hatten man davon keine Ahnung. Es
stellte sich heraus, dass ich zwecks Registrierungsangelegenheiten
auch besagte Firma aufsuchen muss. Nur deren Büro hätte ich
alleine wohl nie gefunden, weit weg von diesem Hotel, über einen
dunklen Hinterhof im Keller eines unauffälligen Hauses. Die
wollten noch mal 35Dollar (hatte ich natürlich nicht, aber man
konnte dann auch in Rubel bezahlen) für den Service und die
Registrierung gab es am nächsten Tag in einem ähnlich
gearteten Büro, nur wieder ganz wo anders in der Stadt. Was soll
man wohl davon halten? Ohne lokale Unterstützung ist das jedenfalls
kaum zu schaffen! Aber unterm Strich war der Aufwand für
russische Verhältnisse aber doch recht gering, wohl nichts
dagegen, was russischen Bürgern zugemutet wird, wenn die mal
eine Reise machen wollen.
Geflogen sind wir mit dba. Dazu lässt sich
sagen, dass diese lange Strecke (knapp 3 Stunden) anscheinend den
Rahmen von dba sprengt. Die fliegen ja hauptsächlich innerhalb
von Deutschland, wo Snack + Getränk ausreichend sind. Es gab
zwar dazu noch ein Baguettebrötchen mit Käse oder Salami.
Dennoch, bei anderen Fluggesellschaften hat man das sogar auf
kürzeren Strecken schon besser gesehen. Aber ok, wenigstens
sicher gelandet und endlich russischen Boden betreten. dba fliegt zum
Flughafen Domodedovo, wo es, wie ich mir habe sagen lassen, im
Vergleich zum großen Flughafen Scheremetjewo eh viel
entspannter zugeht. So landen hier auch die Maschinen aus anderen
südlichen Richtungen wie Baku oder Jerewan. Dementsprechend
unkonventionell verpackte Gepäckstücke drehten sich auf den
Gepäckbändern. Bei der Einreise gab es keine Probleme und
keine Fragen.
Wie erwartet war es anfangs recht kalt und Schnee
lag nicht zu knapp, auch auf den Straßen, bis es auf einmal am
2. Tag anfing zu regnen! Was war nur los mit dem russischen Winter?
Wenn es wenigsten geschneit hätte! Aber bald wurde es auch
wieder kalt (unter -10°C) - und glatt. Und da die Russen dazu
keine Weltmeister im Schneeschieben und Streuen sind, blieb es auch
glatt. Prinzipiell war das Wetter die ganze Zeit recht düster,
nur ganz am Ende gab es ein paar Sonnenstrahlen. Auch angesichts der
Temperaturen waren dies also keine Idealbedingungen für
Spatziergänge, es sei denn, man ist entsprechend ausgerüstet.
Deswegen habe ich mir auch auf dem Arbat bei einem besoffenen
Ladenhüter eine Uschanka (so eine typisch russische Mütze)
gekauft. Ziemlich viele Russen haben so eine Mütze. Aber
trotz ausreichender Kälte klappt da keiner die Schlappohren
runter!?! Das machen halt nur die Ausländer, oder es war eben
noch nicht kalt genug. Ein anderes Erkennungsmerkmal für
Ausländer sind erstaunlicher Weise Rucksäcke. Und da nicht
viele Rucksäcke unterwegs waren, lässt sich darauf
schließen, dass im Winter nicht viele Touristen in Moskau zu
Besuch sind. Die Stadt selbst war Jahreszeit bedingt nicht
blumenbunt, sondern schneeweiß. Die Springbrunnen sprudelten
natürlich auch nicht. Dafür gab es aber allerhand
Weihnachts- und Silvesterdekoration zu sehen, erstere in Form
riesiger Weihnachtsbäume und letztere in ebenfalls riesigen „s
nowuim godom“ Schriftzügen, eingebettet in
gewöhnungsbedürftiges Blinken. Sehr interessant war es
natürlich, über den Roten Platz zu laufen und all die
weltberühmten Gebäude aus der Nähe zu sehen. Das darf
man einfach nicht verpassen.
„Was man nicht für Geld kaufen kann, das
kann man für viel Geld kaufen“ scheint wirklich so zu
sein. Da kommt es auch mal vor, dass 3 identische schwarze
Geländewagen vorfahren, woraus aus einem ein Typ aussteigt und
in einen Laden geht. Aus den anderen steigt die Privatarmee mit
Maschinengewehren und überwacht die Ladentüre. Auf der
anderen Seite hat auch jeder Laden und jedes Restaurant eigenes und
auffälliges Security-Personal. Schlimm ist aber auch, dass die
Leute in der Öffentlichkeit wenig Rücksicht auf einander
nehmen. Es wird gedrängelt und geschoben, „Bitte“,
„Danke“ und „Entschuldigung“ sind relativ
unbekannte Wörter. Alleine an dieser Stelle verstehe ich die
Leute, wenn sie da nicht mehr leben wollen. Dann gibt es halt neben
vielen Luxuswägen auch noch massig alte Autos (Marke Lada), die
sich regelmäßig in riesigen Staus treffen und so ist die
Luft nicht besonders. Wer meint, dass die Metro eine ideale
Alternative dazu ist, mag auch enttäuscht sein. Auch hier
teilweise riesiges Gedrängel und Kämpfe von Rolltreppe zu
Rolltreppe. Nicht besonders einladend finde ich auch, dass die
Eintrittspreise beim Kreml und anderen Museen für Ausländer
deutlich (bis zu 6mal) mehr kosten als für Russen, obwohl die in
den teuersten Pelzmänteln rumlaufen, die man sich vorstellen
kann. Dazu gibt es immer lange Menschenschlangen, alles ist ziemlich
unorganisiert.
Wie gesagt, zu Silvester wollte ich auf dem Roten
Platz sein. Aber leider hat das nicht ganz geklappt. Es waren viele
Menschen da und das Gedrängel war groß, auch dank der
zahlreich vertretenen Polizei. Zwei Kontrollstellen mit
Metalldetektoren und Personenkontrolle haben wir geschafft. Leider
ging dabei auch der Sekt verloren. Dann kam eine Milizkette, die auch
noch überwunden werden konnte. An der nächsten mussten wir
aber aufgeben, da es da schon langsam gefährlich wurde. Naja,
wir hatten es wenigstens probiert, und so schlecht war unser Platz
dann auch nicht, immerhin konnte man den Kremlturm mit der Uhr von da
aus gut sehen. Dann war es Mitternacht, von Feuerwerk nicht viel zu
sehen und 5 Minuten später wollten alle schon wieder zurück
- Menschenmassen nun in die andere Richtung, komisch.
Nach Silvester sind in Russland dann so etwas wie
Feiertage bis zum 9. Januar. Dummer Weise war deshalb auch der Kreml
nicht ohne tour guide zugänglich. Diese tour guides sind
natürlich nicht richtig offiziell und verlangen neben den
offiziellen Eintrittspreisen auch noch was für das eigene
Überleben. So ein System muss man nicht unterstützen und so
bleibt dann auch noch was für den nächsten Besuch in Moskau
offen. Offen hatte im Kreml nur die sehr berühmte Waffenkammer
(Orushejnaja Palata), mit allerlei Schätzen, wie z. B. Geschenke
anderer Königshäuser an die Zarenfamilie oder auch einige
Fabergé-Eier. Dafür haben wir nach über einer Stunde
anstehen Karten ergattern können. Ein Muss war für mich
auch ein Besuch im Leninmausoleum, wofür ich dann auch ewig bei
der Kälte angestanden habe. Hier darf man nichts mit rein nehmen
und stehen bleiben ist auch verboten. Ob der Lenin noch echt ist, ist
schwer zu sagen. Jedenfalls hatte er schon stark was von einer
Wachsfigur. Interessant war auch das Puschkin Museum, wo man
natürlich auch anstehen musste. Dort haben wir mir aber aus
Protest keine Ausländerkarte gekauft und damit 240 Rubel
gespart. In der Reihe der verbliebenen Monumente des Sozialismus
fehlt momentan leider die riesige Arbeiter und Kolchosbäuerin
Skulptur. Es fand sich nur ein mit Baunetzen verhengter Sockel vor.
Im Nachhinein habe ich im Internet gelesen, dass das Denkmal momentan
zur Reparatur demontiert wurde. Angeblich sollte es Ende 2005 auf
einem an selber Stelle neu errichtetem Einkaufszentrum wieder
aufgestellt werden. Doch davon war irgendwie nicht viel zu sehen.
Dagegen steht z. B. das Kosmonautendenkmal noch und auch in der Metro
wird man hier und da fündig.
Dann war schon wieder Tag der Abreise und wir sind
mit dem Taxi zum Flughafen gefahren, und zwar in einem etwas
klapprigen Wolga mit Rücksitzen ohne Sicherheitsgurte! Auch bei
der Ausreise durfte man alle Sachen anbehalten. Jedoch ist die Art
der Kontrolle wohl weniger was für Klaustrophobier, denn man
muss sich dazu alleine in eine geschlossene Box begeben und warten
bis das Lämpchen grün wird. Bemerkenswert war aber auch,
dass gleich 2 Beamtinnen (die im linken und die im rechten Schalter),
welche die Pässe genauestens kontrollieren, zur selben Zeit
nicht bemerkt hatten, dass wir unsere Flugtickes vertauscht hatten,
die somit gar nicht zum Pass passten. Was soll man davon halten? Pech
hatten wir dagegen mit unserem Handgepäck. Das wurde dort
nämlich gewogen. Und so sind die letzten 1000 Rubel anstatt für
Genussmittel für 5kg Gepäckzuzahlung drauf gegangen.
... euer Supernobby
letze Änderung: 03.12.2006 - Kontakt
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